Viel zu entdecken in Mühlberg
Am 3. November 2018 hatte der Thüringer Wanderverband zu seiner vierten Kulturtagung nach Mühlberg in die Kulturscheune eingeladen. Sehr erfreut konnten die Organisatoren feststellen, dass Vertreter aus allen acht Hauptvereinen anwesend waren.
Bei seiner Begrüßung stellte Vizepräsident Dr. Gerhard Zimmer heraus, dass man sich im Drei Gleichen-Gebiet in einem wunderbaren Wandergebiet befinde, was gleichzeitig unsagbar reich an Geschichte und Kultur sei. Landeskulturwart Reinhard Schneider stellte in seinem einstimmenden Vortrag einige geschichtsträchtige und manchmal zu wenig beachtete Denkmale vor, darunter die einzigartige Wehrkirche in Kleinbreitenbach und das Vogteihaus in Schmerfeld. Gerade im ländlichen Raum findet man viele kaum bekannte Kleinode, die aber für die Thüringer Geschichte sehr interessant und wertvoll sind.
Wolfgang Schröter vom Förder- und Kulturverein Mühlberg gab mit seinem Vortrag einen Einblick in die Geschichte und Entwicklung der ältesten Gemeinde Thüringens und das Drei Gleichen-Gebiet, dessen Werdegang er persönlich in den zurückliegenden Jahrzehnten maßgeblich mitprägte.
Im Jahre 704 wurde Mühlberg, das aus dem Vorwerk dereinstigen Mühlburg hervorging, erstmals urkundlich erwähnt. Zwischen Gotha und Arnstadt direkt an der A4 liegend, zählt der heutige Vorzeigeort ca. 1300 Einwohner.
Im Verlauf einer Führung durch den ortskundigen Heimatfreund Wolfgang Leyh erfuhren alle Teilnehmer an wichtigen Stationen viel Interessantes und Wissenswertes, wie z.B. am Pfarrhof, in der St. Lucas Kirche oder am Mühlberger Spring. Aus seinen Ausführungen war deutlich zu spüren,welch hohes Maß an ehrenamtlichem Engagement er und andere Mühlberger Bürger bereits geleistet haben zum Erhalt wertvoller Kulturgüter – und das an Hand zahlreicher sichtbarer Ergebnisse.
Der Mühlberger Spring – ein Naturdenkmal
Der Mühlberger Spring stellt eine Karsthöhlenquelle dar, welche sich am südwestlichen Ende des Ortes befindet. Die Entstehung dieser markanten Quelle,die schon seit Menschengedenken schüttet, reicht zweifellos sehr weit zurück.Das Alter ist nicht genau bestimmbar. Es wird aber aufgrund geologischer Untersuchungen auf mindestens 7000 Jahre beziffert. Der Quellenaustritt befindet sich 298,8 m über dem Meeresspiegel und stellt einen fossilen Erdfall dar, der an der Oberfläche etwa 4 m und auf dem Grund etwa 3 m misst. Das kristallklare Wasser sprudelt mit einem ungeheuren Druck aus der 6,5 m tiefen Grotte empor. Messungen ergaben, dass die Schüttungen im Sommerhalbjahr höher als im Winterhalbjahr sind. Der Mittelwert wird auf etwa 2000 Liter pro Minute angegeben. Das Wasser ergießt sich in den Weidbach, der den Ort durchfließt und früher dafür sorgte, dass die Mühlen betrieben werden konnten. Durch den Wasserreichtum zogen bereits sehr früh die ersten Siedler in dieses Gebiet. Schon während des Niedergangs des Thüringer Königreiches um 531 sollen die Franken die Spring-Quelle genutzt haben.
Auch als Verdauungsspaziergang wurde nach der Mittagspause gerne der kurze Anstieg zur Mühlburg hinauf unternommen, um hier indem alten Gemäuer augenscheinlich Geschichte hautnah zu erleben. In Begleitung von Wolfgang Schröter war erneut viel Interessantes zu erfahren, z. B. zur einstigen Radegundis-Kapelle, zu deren Ehre alljährlich am 13. August in Mühlberg mit einem Wallfahrts-Gottesdienst gedacht wird.
Die Heilige Radegunde von Thüringen
Radegunde wurde um 518 als Tochter des Thüringer Königs Bertachar geboren. Die Merowinger Könige Theuderich und Chlothar besiegten 531 das Thüringer Königreich. Die 13-jährige Radegunde wurde mit ihrem Bruder als Kriegsbeute nach Frankreich verschleppt. Chlothar zwang Radegunde schließlich zur Heirat. Die Ehe blieb kinderlos. Als Chlothar ihren Bruder ermorden ließ, verließ sie ihren Mann. Der Bischof von Noyon weihte sie zur Diakonin. 558 gründete Radegunde das Kloster Saint-Marie-hors-les-Murs in Poitiers. Es war das erste Frauenkloster in Europa. Als Chlothar 561 starb, konnte Radegunde ihre religiöse Tätigkeit uneingeschränkt fortsetzen. Am 13. August 587 starb sie und wurde in der Kirche ihres Klosters beigesetzt. Nach ihrem Tod wurde sie als Heilige verehrt. An der Mühlburg erinnern die Mauerreste der einstigen Radegundis-Kapelle an eine der größten Thüringer Persönlichkeiten.
Heimatfreund Schröter berichtete über die Jahrzehntelangen Bemühungen, die Mühlburg zu erhalten und Besuchern zugänglich zu machen.Dabei schilderte er auch so manche Episode, die bei den aufmerksam zuhörenden Wanderfreunden ein Schmunzeln erzeugten. Vielleicht sollte er sogar ein Buch darüber schreiben. Man konnte jedenfalls viel Leidenschaft und Herzblut für die Sache aus jedem seiner Worte heraushören. Der Rundgang durch das Burgmuseum –übrigens vom Thüringerwald-Verein Erfurt vor etwa 100 Jahren erbaut und eingerichtet – spiegelt verschiedene Zeitepochen wieder. Ein Besuch ist sehr zu empfehlen!
Wieder gut in der Kulturscheune angekommen, fand zum Abschluss der lehrreichen Veranstaltung eine Auswertung statt. Der Tagungsleiter und die teilnehmenden Wanderfreunde dankten den ortsansässigen engagierten Akteuren und drückten die Erwartung aus, künftig erneut solche hochinteressanten Tagungen besuchen zu können, auf denen Kultur und Geschichte am Wegesrand in unserer Thüringer Heimat auf solch spannende Art und Weise dargestellt wird.
Text & Bilder: Christina Reißig